kommende Veranstaltungen

Mitgliederversammlung 2024

Freitag, 15. November 2024 um 18.00 Uhr im Römischen Kaiser
Mitgliederjahresversammlung – gerne begrüßen wir auch Interessierte, die noch nicht den Weg zu uns gefunden haben

Weiterlesen »

vergangene Veranstaltungen

Samstag, 04. November 2023

Zeitzeugen erinnern sich an eine turbulente Epoche

AUSSTELLUNG   Zehn Jahre lang mischten Akademie-Studenten den kleinen Ort auf

ELLINGEN.   Gut, man könnte sich ja fragen, was geht uns in unserer Region Nürnbergs Akademie der Bildenden Künste an? Mindestens eine Antwort liegt auf der Hand: Die älteste Kunsthochschule Deutschlands war immerhin zehn Jahre lang in Ellingens mächtigem Deutschordensschloss zuhause. Bomben hatten das Akademiegebäude im August 1943 so stark beschädigt, dass ein Unterricht in Nürnberg nicht mehr möglich war. Erst 1954 konnte die Akademie mit ihren Studenten nach Nürnberg zurückkehren. Und diese Zeit, in der das kleine Ellingen Hochschulstadt war, verlief ziemlich spannend und bisweilen turbulent. Zeitzeugen berichteten darüber kürzlich im Rahmen der Ausstellung „Ellinger Ansichten…“. Die Bilder der Barockstadt, die im Kulturzentrum Ostpreußen vielfältig zu sehen sind, wurden großenteils von damaligen Student*Innen angefertigt.

Doch nicht nur das. Etliche der „Pinselhupfer“ brachten es zu bedeutendem Status. Der überaus produktive Maler, Zeichner und Illustrator Michael Mathias Prechtl zum Beispiel. Seine pointierten Arbeiten sind oft provokant, bissig und für Aufreger gut. Das bukolische Ellingen-Bild ist dagegen geradezu harmlos. Oder der Graphiker Heinz Schillinger. Auch ihn, den späteren Professor und Bundesverdienstkreuzträger, darf man zu den besonders arrivierten Künstlern zählen, die einst in der Ellinger Schloss-Akademie studierten. Hunderte von Briefmarken hat er für die Bundespost gestaltet, was gelegentlich zu dem Spitznamen „Briefmarken-Schillinger“ führte. Oder Herbert Bessel und Wunibald Puchner. Auch diese Akademie-Studenten wurden weit über die Region hinaus bekannt. Bessel unter anderem als viel gefragter Maler und Gestalter monumentaler farbiger Glasarbeiten für Kirchen – Puchner als Architekt, Maler, Zeichner, Bildhauer und Akademie-Professor. Um nur einige namhafte Künstler der Ausstellung herauszugreifen.

Den ärgsten Hunger stillen

Der heute in Weissenburg wohnende, in Ellingen geborene Heinz Ottinger konnte als Kind den Studierenden bei ihren Freiluftstudien über die Schulter schauen. Dabei hat er selbst schon früh seine Liebe zum Malen und Zeichnen entdeckt. Als einer der Zeitzeugen konnte er bestätigen, dass es sowohl den Studierenden als auch den Lehrenden in der Zeit vor und nach Kriegsende ziemlich elend ging. Man litt an allem – an Essen, Unterkunft und Materialien. Manche Studenten kamen bei Ellinger Familien unter. Andere waren schon dankbar für gelegentliche Einladungen zu Speis und Trank. Und manch einer tauschte Bilder gegen Essen. So kam es, dass heute viele Werke in Ellinger Häusern hängen – und sich derzeit in der Ausstellung befinden. ..Heinz Ottinger und Ellingens Ehrenbürger Manfred Specht wussten viele Details aus dem Nachkriegs-Ellingen zu berichten. 

So auch, dass es gleich nach Kriegsende zu Plünderungen und Zerstörungen im Schloss kam – bis das ganze Gebäude von amerikanischen Soldaten belegt wurde. Als Kinder bewunderten sie u.a. „das tolle Leben“ des Bildhauers und Schnitzers Leo Bäumler, der im Kolpingturm hauste und aus „Ami-Dosen“ aß. Und sie bekamen mit, wie mancher GI den notleidenden Kindern Fleischbüchsen schenkte. Specht erinnerte sich auch, dass Kinder halbleere Dosen aus dem Müll holten und damit den ärgsten Hunger stillten.

Sodom und Gomorra

Obwohl nach Kriegsende viel Not an allem herrschte, ging es andererseits oft hoch her im Schloss. Viel wurde gefeiert. Man hatte Nachholbedarf, nachdem unter der NS-Herrschaft derartige Feste verboten waren. Zu den Höhepunkten zählten die jährlichen Faschingsfeste. Masken und Narrengewänder sorgten endlich wieder für ausgelassene Stimmung. Wie kreativ die jungen Künstler vorgingen, lässt sich schon an den Titeln der Kostümfeste ablesen: Mal war es die „Arche Noah“, mal die „6. Dimension“. Das „Fest der Ertrunkenen“ erhielt ein geradezu makabres Motto – mit Gipsleichen und versunkenem Dampfer. Zur „Orientalischen Nacht“ in einem repräsentativen Saal trat sogar eine echte Nackttänzerin auf. Und nach einer Pariser Studienreise hieß eine der Faschingsfeten „Chez Madame“. Mit Bars und Cafes im Erdgeschoss und Feldbetten im Obergeschoss. Kein Wunder, dass so manche Ellinger in diesen Festen mit unzüchtiger Kleidung ein Sodom und Gomorrha sahen! Wie Manfred Specht aber auch wusste, war zu manchem Fest auch die „Haute Volee“ aus Weißenburg und Ellingen eingeladen.

Auch Sommerfeste, Kammer- und Solistenkonzerte wurden von den etwa 40 bis 50 Studierenden geboten. Dazu Modenschauen, an denen Weissenburger und Ellinger Firmen beteiligt waren. Ausgewählte Studentinnen schlüpften in neueste Kleider-, Hut- und Stoffkollektionen, um sie dem Publikum vorzustellen. Mit den Eintrittsgeldern dieser Veranstaltungen konnte die Akademie vielen mittellosen Studenten über die Runden helfen. Doch es wurde nicht nur gefeiert und in verschiedenen Disziplinen studiert. Die wenigen heute noch lebenden Zeitzeugen erinnern sich auch daran, dass sich etliche Studenten intensiv an Restaurierungen im Ort beteiligten. An der durch den Krieg stark beschädigten Georgskirche zum Beispiel oder an Erneuerungen von Hausmadonnen. Und dass in jener Akademiezeit auch einige Ehen zwischen Künstlern und Ellinger Einwohnern zustande kamen.

..In Weissenburg sind heute noch Spuren der Ellinger „Pinselhupfer“ zu sehen, wie Manfred Specht am Ende noch zum Besten gab: Das eindrucksvolle Fassadengemälde an der Raiffeisenbank entstand nach einem Zechgelage von Akademie-Studenten. Ihre Schulden in der damaligen Gaststätte „Mack und Michel“ bezahlten die Künstler mit ihrer Kunst – wie man in der Luitpoldstraße sehen kann.   ps

Samstag, 23. September 2023

Von „Pinselhupfern“ und anderen Künstlern

ELLINGER ANSICHTEN  Viel Lob für eine außergewöhnliche Gemälde-Ausstellung im Deutschordens-Schloss

ELLINGEN. – Immer wieder setzen sich Künstlerinnen und Künstler gern mit Motiven Ellingens auseinander. Kein Wunder, versteht sich die Deutschordensstadt doch seit jeher als die „Perle des fränkischen Barocks“. Und tatsächlich gehen viele Gebäude des Stadtkerns auf die Zeit des Deutschen Ordens und dessen barocken Baustil zurück. Mit der Ausstellung „Ellinger Ansichten – Sichtweisen auf eine Stadt“ präsentieren der Barockverein Ellingen und das Kulturzentrum Ostpreußen eine sehenswerte, farbenfrohe Gemäldeausstellung, die in viel Kleinarbeit vor allem aus Ellinger Bürgerkreisen zusammengetragen wurde. Am Samstag fand die Eröffnung statt.

Das Kulturzentrum Ostpreußen als Ausstellungsort konnte geeigneter nicht sein, war hierher doch die in Nürnberg ausgebombte Kunstakademie von 1943 bis 1954 „ausgelagert“. Liest man im Katalog die Biogramme der in der Ausstellung vertretenen Künstler, kommt man schnell zu der Erkenntnis, dass es sich weitgehend um Arbeiten studierender Kunstschaffender handelt. Für die damaligen Akademie-Studenten muss es eine schwierige Zeit in Ellingen gewesen sein. Im Schloss prägten Mangelverwaltung und Improvisationsgeschick den Unterricht. Manche Studenten litten Not, ließen sich gern von Ellinger Familien beköstigen oder tauschten Bilder gegen Nahrung ein. Für die damaligen „Pinselhupfer“, wie die Studenten gern von den Bürgern bezeichnet wurden, war es wahrscheinlich eine Selbstverständlichkeit, sich städtische Motive vorzunehmen – gemalt und gezeichnet in verschiedensten Techniken.

 

In ihrer Begrüßung dankten der Direktor des Ostpreußenmuseums Gunter Dehnert und die Vorsitzende des Barockvereins, Roswitha Buff, vor allem den fünfundvierzig Leihgebern, „ohne die eine so vielfältige Ausstellung nicht möglich gewesen wäre.“ Erst zu Beginn dieses Jahres kam von Roswitha Buff der Anstoß und die Idee zu einer Gemäldeausstellung. Ihr fielen bei Besuchen in Ellinger Häusern immer wieder Bilder auf, die Ellingens barocke Schönheiten darstellen. Auch tauchten bei ihren Recherchen, wie Buff erzählte, so manche interessante Geschichte auf – zum Teil im Begleitkatalog nachzulesen. Ihr kleines Team investierte danach viel Zeit und Energie in die umfangreichen Vorbereitungen. Als Glücksfall erwies sich auch, dass mit dem Kulturzentrum Ostpreußen rasch eine Partnerschaft zustande kam. In hervorragender Zusammenarbeit, wie Buff betonte, war es nun möglich, den Westflügel des Schlosses mit 100 „Sichtweisen auf eine Stadt“ zu bespielen.

 „Eine so schöne Stadt mit all ihren Postkartenmotiven inspiriert natürlich zum Malen und Fotografieren“, war sich Bürgermeister Matthias Obernöder in seinem Grußwort schmunzelnd sicher. Und Kreisheimatpflegerin Dr. Ute Jäger hob einige namhafte Künstler hervor, die der Ausstellung ihre besondere Qualität geben. – Zwischen den Redebeiträgen unterhielt Andreas Schock – manchen bekannt als Klinik-Clown und Heilerziehungspfleger – die Zuhörer mit fröhlichen Liedern auf Gitarre und mit Mundharmonika.

Dass die „Ellinger Ansichten“ im wahrsten Sinne Ansichtssache sind, liegt auf der Hand. Etliche Motive der kleinen Stadt wiederholen sich zwangsläufig in der viel gelobten Ausstellung – was jedoch durchaus spannend und reizvoll ist. Denn die Sichtweise auf die Objekte ist meistens sehr unterschiedlich in Technik und Betonung. So sind es überwiegend qualitätvolle Darstellungen, woran auch die vertretenen Laienkünstler beteiligt sind. Aus Platzgründen konnten eben nur hundert Bilder ausgewählt werden. Sie alle sind in einem schönen, reich bebilderten Katalog vertreten.

Auch das umfangreiche Begleitprogramm kann sich sehen lassen. Unter anderem wird es bereits Anfang Oktober einen dreiteiligen Malkurs mit Eduard Raab in der „Pinselhupferstube“ des Ostpreußenmuseums geben. Außerdem finden Kunstprojekttage mit Schülerinnen und Schülern der Grundschule statt, an denen mit Künstlern gemalt, gedruckt und fotografiert wird. Des Weiteren gibt es sechs theatrale Führungen mit der Theaterpädagogin Antje Wagner zum Thema „Die Pinselhupferin“. Feststeht auch ein Erzählnachmittag mit Erinnerungen an die Zeit, als Kunststudenten und Professoren die kleine Stadt belebten.  Über die Termine und Details wird separat informiert.

Last not least: Während der Eröffnung malte der österreichische Künstler Wilfried Ploderer ein Bild zum Thema der Ausstellung. Neugierig konnten die Besucher dem Künstler über die Schulter schauen. Der Wiener ist vor allem bekannt für seine fotorealistischen Gemälde. wt/ps

Ausstellung „Ellinger Ansichten – Sichtweisen auf eine Stadt“

Kulturzentrum Ostpreußen, Schloss Ellingen

Öffnungszeiten:

Bis 30.09.: Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 12:00 und 13:00 bis 17:00

Ab 01.10.: Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 12:00 und 13:00 bis 16:00

Katalog: 15 € (112 Seiten)

Freitag, 05. Mai 2023

JA DAMALS…“: 2. Lesung aus dem „Ellinger Anzeiger“ mit Hella Schafhauser

„Ja damals…“ hat sich so Manches ereignet, was aus heutiger Sicht kurios und merkwürdig erscheint. Oft ist das einst Erlebte unterhaltsamer als die Gegenwart. Ein Zeugnis über die Verhältnisse, Vorkommnisse und Ereignisse der Vergangenheit liefern seit jeher die Zeitungen. So gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts den „Ellinger Anzeiger“ – ein Nachrichten-Blatt für Ellingen und der Marktgemeinde Pleinfeld. Die wenigen Seiten spiegelten sowohl lokale als auch weltweite Geschehnisse wider. Damit war der „Ellinger Anzeiger“ für die Deutschordensstadt quasi der Vorläufer zum heutigen „Weissenburger Tagblatt“.
Hella Schafhauser las daraus erneut im Barocksaal des Gasthofs „Römischer Kaiser“ vor. Es ging diesmal vor allem um Heimatliches, sowie um kuriose Anzeigen anno damals. Gerhard Pöschl hat die Lesung auch diesmal auf dem Saxophon begleitet.

Freitag, 10. März 2023
Ein Bäckermeister und Ehrenbürger als Stadtgedächtnis

Manfred Specht gab Ellingens Geschichte und Geschichten zum Besten

ELLINGEN. Man könnte ihn als so etwas wie das „Gedächtnis der Stadt Ellingen“ bezeichnen. Nur Wenige werden sich so in die Geschichte der Deutschordensstadt eingelesen haben, wie der 87-jährige Bäckermeister und Ehrenbürger Manfred Specht. Am Freitagabend spannte er im proppenvollen Barocksaal des Gasthauses „Römischer Kaiser“ den weiten Bogen von der Gründung Ellingens bis etwa in die Gegenwart hinein. Geschichte und Geschichten aus der Entwicklung und dem Leben anno dazumal kamen kenntnisreich und detailliert zutage. Veranstalter dieser Zeitreise war der Freundeskreis Barockstadt Ellingen.

Das Publikum war recht gemischt. Überwiegend Stadtbewohner, aber auch etliche Auswärtige lauschten Spechts teils unterhaltsamen, teils historisch sehr sachlichen und sorgfältigen Ausführungen. Die setzten bereits mit der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 899 ein, und man war gespannt, wie es dem Ehrenbürger gelingen wird, mehr als 1100 Jahre Historie im Zeitraffer zu präsentieren. Kurzum: Unterstützt von seinem Sohn Martin, beschränkte sich Specht Senior auf die wesentlichsten und spannendsten Ereignisse der langen Stadtgeschichte. Vor allem die Zeit des 30jährigen Krieges, die auch in Ellingen grausame Spuren hinterließ, rief bei den Zuhörern immer wieder Betroffenheit und Entsetzen hervor. Denn das kleine Städtchen Ellingen wurde 1632 komplett niedergebrannt, zahlreiche Bewohner wurden massakriert, Plünderungen waren an der Tagesordnung. Wer konnte, flüchtete in die Wälder und lebte dort, so gut es ging. Wer aber auch dort der Soldateska in die Hände fiel, musste Schlimmstes befürchten. Rund zehn Jahre lang war Ellingen unbewohnbar. Auf den Äckern wuchsen Bäume, wie Specht aus Chroniken des Archivs erläuterte.

Nach dieser furchtbaren Dekade ging es langsam aufwärts mit dem Ort. Über die nächsten Jahrhunderte hinweg zogen wieder Recht und Ordnung ein. Vor allem in den Herrschaftsjahren des Deutschen Ordens erlebte Ellingen mit seinem imposanten Schloss, den Wirtschaftshöfen, den Mühlen und mit der Brauerei eine besondere Blütezeit.

Ellingen galt sogar als reichste und wohl bedeutendste deutsche Ballei. Nach dem Vorbild des Landesherrn bauten schließlich die Bürger nach dem Geschmack jener Zeit, so dass sich Ellingen durch seine vielen Barockbauten heute noch rühmt als „Perle des fränkischen Barocks“. Besonders spannend und still wurde es, als es um spezielle Ereignisse im späten Mittelalter ging, um Vorgänge, die in der heutigen Zeit unvorstellbar sind. So gab es vor allem im 16. Jahrhundert in der späteren Residenzstadt zahlreiche Hexenverbrennungen und eine Gerichtsbarkeit, die über Köpf- und Galgenstellen verfügte. Wer dort sein Leben ließ, wurde in ungeweihter Erde abseits der Maxkirche begraben. Und neben dem heutigen Rathaus stand der Pranger. „Zum Beispiel für Schandmäuler“, wie Specht erläuterte. Die durfte man abwatschen oder sogar bespucken. Für „Hassprediger“ unserer Tage – so ein Zuhörer bei dieser Gelegenheit – eine überlegenswerte Neuauflage.

Zu vielen Details, die Manfred Specht zum wirtschaftlichen Aufstieg des Ortes schilderte, gab es vor allem von den älteren Zuhörern beifälliges Kopfnicken. Manche haben noch erlebt, dass es ab den 30er Jahren in Ellingen sogar vier Tankstellen gab. Das war die Zeit, als die B2 noch durchs Städtchen führte – gekreuzt von der Bundesstraße B13. Heute fährt man nach Weissenburg, um zu tanken. Geradezu fröhlich tumultartig wurde es im Saal, als Specht die einst zehn Gasthöfe des Ortes aufzählte. Daran können sich noch viele erinnern – nicht ohne Wehmut und ohne den Niedergang der meisten Wirtschaften zu bedauern. Weniger bekannt war, dass es in Ellingen einen richtigen Weinberg gab, der einem Pappenheimer Grafen gehörte. „Das war aber nichts“, meinte Specht, „der Wein war viel zu sauer“. Weshalb heute nur noch die Weinbergstraße oberhalb der Schule an diese Jahre erinnert.

So manch Kurioses wusste Manfred Specht noch aus eigener Erfahrung und eigenem Erleben zu berichten. Das betraf sowohl Episoden aus dem „städtischen Nähkästchen“ als auch seine eigene Familie. Die Lacher hatte er auf seiner Seite, als er erzählte, dass seine jüngeren Vorfahren eigentlich per Zufall nach Ellingen kamen. „Bäckermeister gesucht – Heirat erwünscht“, las Urgroßvater Specht in einer Anzeige. Diesem Aufruf folgend, war es zur heutigen Bäckerei Specht in der Weissenburger Straße gekommen.

Sehr stimmig und wohltuend zwischen all den Erzählungen: Die musikalischen Beiträge des Klarinettentrios Weissenburg unter Leitung von Gerhard Pöschl. Das Trio erfreute die gut 80 BesucherInnen mit lebhafter und jeweils zeitbezogener Volksmusik.

Notabene: Die schreckliche Zeit der Naziherrschaft wurde an diesem Abend ausgeklammert. Es sollte ein unterhaltsamer und erfreulicher Vortrag sein. Der ist Ellingens Ehrenbürger rundum gelungen. Den langen Applaus des Publikums nahm er dankbar entgegen. (ps)

Samstag, 28. Januar 2023

Don Camillo und Peppone in Ellingen

Barockverein stellte hohe Schule des Figurentheaters vor

ELLINGEN. Der Volksmund sagt: ‚Pack schlägt sich, Pack verträgt sich‘. Im Falle des so ungleichen Paares Don Camillo Peppone wäre das allerdings etwas despektierlich. Der eine ist schließlich Pfaff… – pardon Priester, der andere Bürgermeister des italienischen Dorfes Pulcinella. Beide streiten, prügeln, zoffen sich für ihre jeweiligen Anhänger auf offener Bühne – um sich hinter den Kulissen immer wieder zu vertragen. Beide kommen in den zahlreichen Episoden nicht ohne einander aus. So gehen die Geschichten von Giovannino Guareschi, dem Autor von Don Camillo und Peppone. Markus Dorner hat die weltberühmten Erzählungen der zwei so gegensätzlichen Menschen als Figurentheater auf die Puppenbühne gebracht. In einer Art, die fränkisches Lokalkolorit mit italienischer Leichtigkeit verbindet. Das Ganze im katholischen Pfarrheim Ellingen in Anwesenheit von evangelischer und katholischer Geistlichkeit.

Vorher durfte man sich schon fragen, wie so ein Spiel mit kleinen, hölzernen Protagonisten wohl auf Erwachsene wirken wird. Kurzum: Das war nicht einfach Kasperltheater, das war am Samstagabend hohe Puppenspieler-Kunst. Dorner ist mit seiner Ein-Mann-Show ein begnadeter Solo-Puppenspieler und Unterhalter. Ein Mann, zwei Stimmen, dazu Hundegebell, Hühnergackern, Rindviehgebrüll und ein Holztheater mit weiteren Figuren und perfekter Tontechnik. Gelegentlich wird sogar das Publikum mit einbezogen. Und gelegentlich kommt auch Jesus zu Wort. Die gerade mal zehn Euro Eintritt sind geradezu lächerlich für solch einen Meister seines Faches. Der es verstand, durch geschickte Kommunikation und Gestik italienisches Flair im Saal zu verbreiten. Die über hundert erwachsenen Besucher zeigten nach eineinhalb Stunden Figurentheater ihre Begeisterung durch nicht enden wollenden Applaus. Eine gelungene kulturelle Veranstaltung des Freundeskreises Barockstadt Ellingen. (ps)

Freitag, 21. Oktober 2022

Ja damals: Hochzufrieden mit erfolgreichem Lese-Abend

Proppenvoller Saal im Hotel „Römischen Kaiser“

ELLINGEN. „Es war ein Experiment“, wie Roswitha Buff, die neue Vorsitzende vom „Freundeskreis Barockstadt Ellingen“ sagte. Und das Experiment ist mehr als geglückt. Der Kulturverein präsentierte aus einer privaten Sammlung des alten „Ellinger Anzeiger“ ausgewählte Artikel, die sowohl das lokale Geschehen vor mehr als hundert Jahren wie auch das aus aller Welt widerspiegelten. Viel Amüsantes, Kurioses, aber auch Bedenkenswertes – teils in verschwurbelter Amts- und Untertanensprache – kam zu Gehör. Die Resonanz im proppenvollen Saal des „Römischen Kaiser“ war jedenfalls enorm, der Verein darf hochzufrieden sein. Natürlich kamen überwiegend ältere Bürger, die sich für die unterhaltsamen Zeitungsbeiträge von „anno damals“ interessierten. Zu den Zuhörern der Lesung (Hella Schafhauser) mit musikalischer Begleitung (Gerhard Pöschl) gehörten auch Ellingens neuer Ehrenbürger, Manfred Specht, sowie Bürgermeister Matthias Obernöder. Unisono konnte man den Wunsch vernehmen, die Leseabende doch irgendwann fortzusetzen. Dafür ist allerdings eine intensive Sichtung im Ellinger Archiv nötig. Denn dort schlummert in grauen Schachteln die komplette Sammlung des Nachrichtenblattes, das einst das Sprachrohr für Ellingen und Pleinfeld war. ps

Sonntag, 11. September 2022

Tag des offenen Denkmals 2022: Mehrere Führungen rund um Ellingen

Zum Tag des offenen Denkmals öffnete die Stadt Ellingen fünf besondere Gebäude. Außerdem bot der Limes-Koordinator Simon Sulk eine geführte Limes-Wanderung nahe des Golfplatzes Zollmühle an.

Als einer der wenigen Orte in der Region öffnete die Stadt Ellingen am bundesweiten „Tag des offenen Denkmals“ (Sonntag, 11. September) fünf besondere Gebäude, die nicht regelmäßig zugänglich sind. Unter Federführung des Vereins „Freundeskreis Barockstadt Ellingen“ waren sie von 13 bis 17 Uhr zu besichtigen.

Vom Gewölbekeller bis zum Dachboden wurde erstmals das sogenannte Eyfriedt-Haus im Rosental 24 zur Besichtigung freigegeben. In dem renovierungsbedürftigen Gebäude von 1850 war auch ein kleiner Flohmarkt vorgesehen. Ebenfalls erstmals geöffnet wurde das restaurierte Barockhaus in der Weißenburger Straße 19. Zum Tag des offenen Denkmals fand dort ein Verkauf von Geschirr und anderen Haushaltsgegenständen statt. Außerdem nahm der Barockverein Gebote zum Kauf antiker Möbel und Gegenstände entgegen.

Römischer Kaiser und Spielzeugmuseum

Auch das neue Ellinger Stadtarchiv in der Pleinfelder Straße 4 öffnete seine Türen. Zu sehen waren unter anderem eine Ausstellung über die Ellinger Juden.

Nach langen Jahren des Leerstands öffnete  wieder das historische Hotel „Römischer Kaiser“ in der Weißenburger Straße 17. Besichtigt werden konnten verschiedene Räume sowie der einzigartige Barocksaal (ehemals jüdischer Betsaal). Dort wurden auch Kaffee, Kuchen und Getränke angeboten. Außerdem gab es um 14 und 15 Uhr musikalische Überraschungen .

Schließlich war auch das reich gefüllte Spielzeugmuseum im Pleinfelder Tor zu besichtigen. Von 10 Uhr bis 20 Uhr bot es verschiedene Spielmöglichkeiten.

Wanderung zum Limes Wachposten

Der bayerische Limeskoordinator Simon Sulk vom Landesamt für Denkmalpflege bot eine geführte Rundwanderung zum Limes-Wachtposten 28 der Strecke 14 bei Ellingen an. Mithilfe des fachkundigen Auges des Archäologen ließen sich die Überreste des Limes und des Wachtturmes im Wald erkennen.

Geschichte und Entwicklung der Grenze und ihrer Anlagen wurden ebenso thematisiert wie Probleme des Denkmalmanagements und dessen Vermittlung. Die knapp drei Kilometer lange Rundwanderung dauerte etwa eine Stunde und fand zweimal statt. Treffpunkt war jeweils am Parkplatz des Golfclubs Zollmühle.

Samstag, 25. Juni 2022

Jahres-Mitgliederversammlung des „Freundeskreises Barockstadt Ellingen e.V.“

ELLINGEN. Wer mochte, konnte vor Versammlungsbeginn einen Blick in das neue Stadtarchiv hinter dem Rathaus werfen. Manche waren erstaunt über die ebenso umfangreiche wie professionell geordnete Sammlung, die sich früher im Franziskanerkloster befand. Archivarin Evelin Pfliegel wies ihre Gäste auf über 1.100 (!) Ordner und Schachteln hin, in denen sich Schriften und Dokumente zur Stadtgeschichte befinden. Das Archiv ist auch unter der Woche nach Voranmeldung geöffnet (s.u.).

Später ließ man es sich oben in der „Belle Etage“, im Fürsten-Saal des ehemaligen Gasthofs „Römischer Kaiser“ gut gehen: An geschmackvoll gedeckten Tischen mit blau-weißem Geschirr durften sich die Mitglieder über reichlich Kaffee und Kuchen freuen – gespendet vom Bäcker und Vorstandsmitglied Manfred Specht (jun.). Gepflegt und entspannt geht es zu beim Freundeskreis, der gleichzeitig sein 30jähriges Bestehen nachfeierte.

Roswitha Buff, die neue Vorsitzende des Vereins, dankte der gräflichen Familie von Kerssenbrock für die Bereitstellung des historischen Ortes für diese Versammlung. Buff freute sich außerdem, dass sie den anwesenden Bürgermeister Matthias Obernöder als neues Mitglied begrüßen durfte. Die Barockstadt und der Freundeskreis ziehen im Grunde seit über dreißig Jahren kulturell an einem Strang. Weil es in punkto Aktivitäten lange Zeit ein Vakuum gab, blickte man anfangs ein wenig zurück zu den Anfängen des Vereins. Roswitha Buffs Vater, der im vergangenen Jahr verstorbene Tierarzt Bruno Buff, war von Beginn an und für viele Jahre der wesentliche Motor des Vereins. Ebenso wie Bäckermeister Manfred Specht (sen.), der sich auch in höherem Alter noch gut an die Gründungsversammlung erinnern kann – „wie ich von dort aus weit nach Mitternacht direkt zur Arbeit in die Backstube ging“.

Nun soll der Freundeskreis also wieder mit frischem Leben erfüllt werden. Gemäß der Satzung will sich der 1991 gegründete Verein wieder verstärkt der Förderung von Kultur, der Heimatpflege, des Denkmalsschutzes in Ellingen und dem Umbau des ehemaligen Franziskanerklosters widmen. Manche Vorhaben wurden umgesetzt, Anderes soll künftig angegangen werden. Ein wenig stolz verkündete die Vorsitzende zwei für die Vereinsarbeit wichtige Aspekte: So zählt der Kulturverein derzeit immerhin 121 Mitglieder und verfügt über ein Barvermögen von rund 58.000 € – so dass er finanziell bestens ausgestattet ist. Dies bestätigte Schatzmeister Günther Beckler in seinem ausführlichen Kassenbericht. Sowohl er wie der gesamte Vorstand wurden durch die Versammlung einstimmig entlastet.

Was nach mehr als 30 Vereinsjahren nicht fehlen durfte, war eine Reihe von Ehrungen. Sowohl die Mitglieder der ersten Stunde als auch weitere langjährige Mitglieder wurden für ihre Treue mit Urkunden und Gutscheinen (Exklusiv-Schlossführung „Vom Keller bis zum Dachboden“) bedacht.

Als praktische Ziele sieht der Verein ein intensives Mitwirken am 11. September, dem „Tag des offenen Denkmals“. Da ist geplant, unter anderem das Stadtarchiv, ein von der Stadt geerbtes Barock-Haus und auch den ehrwürdigen „Römischen Kaiser“ zur Besichtigung freizugeben. Für den Herbst steht außerdem der Beginn einer Lesungsreihe im Fokus: Im Sinne von „…ja, damals …“ sollen aus dem alten „Ellinger Anzeiger“ interessante Artikel vorgetragen werden. Das Ganze wahrscheinlich im Cafe am Rathauseck und möglicherweise musikalisch begleitet. Als weitere Vorschau auf das nächste Jahr ist an eine Ausstellung alter „Ellinger Ansichten“ im Ostpreußenmuseum des Deutschordens-Schlosses gedacht. Fazit: Es tut sich was im Freundeskreis Barockstadt Ellingen. (ps)